Zwischen Mythos und Methode: 

Was steckt wirklich hinter „Sell in May and go away“?

 

Auch wenn der Mai gerade vorbei ist, taucht eine bestimmte Börsenweisheit gerade in den Sommermonaten immer wieder auf: „Sell in May and go away, but remember to come back in September.“

Was im Frühjahr zunächst wie eine interessante Anekdote klingt, entfaltet seine eigentliche Relevanz oft erst in den darauffolgenden Wochen – nämlich dann, wenn Anlegerinnen und Anleger beobachten, wie sich der Markt tatsächlich über den Sommer entwickelt. Gerade jetzt ist also ein guter Zeitpunkt, um zu fragen: Was ist wirklich dran an dieser alten Börsenregel? Ist sie ein überholter Mythos aus vergangenen Tagen oder steckt mehr dahinter, als es auf den ersten Blick scheint?

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Woher kommt „Sell in May“ überhaupt?

Die Ursprünge der Redewendung reichen bis ins England des 18. Jahrhunderts zurück. Damals hieß es: „Sell in May and go away, come back on St. Leger’s Day.“ St. Leger’s Day bezeichnete den Abschluss eines bekannten Pferderennens im September, nach dem der Adel zurück nach London kam und wieder in den Handel einstieg. In der Zwischenzeit hielten sich die Reichen auf ihren Landsitzen auf und zogen sich aus den Finanzmärkten zurück. Ihre Verkäufe im Mai drückten damals die Kurse und im Herbst stiegen sie erneut. Doch was in den Teesalons des britischen Adels funktionierte, muss nicht zwangsläufig heute noch Gültigkeit besitzen.

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Gibt es den „Sell-in-May-Effekt“ wirklich?

Statistisch lässt sich tatsächlich eine gewisse Saisonalität an den Börsen erkennen. Verschiedene Studien, darunter eine umfassende Untersuchung aus dem Jahr 20011 über 37 Länder zeigen, dass Aktienmärkte im Zeitraum von November bis April tendenziell höhere Renditen erzielen als von Mai bis Oktober. Auch beim DAX lassen sich seit den 1960er-Jahren saisonale Muster erkennen: Während der Zeitraum Mai bis September oft schwächer ausfällt, bringen die Herbst- und Wintermonate überdurchschnittliche Renditen.

Aber: Das sind Durchschnittswerte. Und diese Durchschnittswerte sind anfällig für Verzerrungen, zum Beispiel durch starke Einbrüche wie 2001, 2008 oder 2020, die die Statistik beeinflussen. In anderen Jahren, wie 2023, liefen die Märkte über den Sommer erstaunlich gut. Im US-Markt etwa zeigt sich langfristig sogar, dass eine kontinuierliche Marktpräsenz („Buy and hold“) leicht bessere Ergebnisse bringt als ein Ausstieg im Mai. Dazu kommt: Der Zinseszins-Effekt durch die Wiederanlage von Zinsen und Dividenden entfaltet seine Wirkung bei einer dauerhaften Investition. Durch zwischenzeitliche Verkäufe wäre dieser positive Effekt abgeschwächt.

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Was bedeutet das für Anlegerinnen und Anleger?

Auch wenn saisonale Muster bestehen – sie lassen sich schwer vorhersagen und noch schwerer in eine verlässliche Anlagestrategie umwandeln. Denn:

  • Die Märkte sind heute rund um die Uhr aktiv. Digitale Handelsplattformen und globale Finanzmärkte machen saisonale „Sommerlöcher“ zunehmend obsolet.
  • Unvorhersehbare Ereignisse wie geopolitische Krisen, Inflationsdaten oder Notenbankentscheidungen beeinflussen die Märkte – unabhängig vom Monat.
  • Transaktionskosten und Steueraspekte können kurzfristiges Kaufen und Verkaufen teuer machen und potenzielle Vorteile zunichtemachen.
  • Dividendenzahlungen, die typischerweise im Frühjahr stattfinden, würden Anlegern entgehen, wenn sie im Mai verkaufen.

Weisheit mit Einschränkungen

„Sell in May“ ist ein eingängiger Spruch mit historischem Hintergrund – und einem gewissen statistischen Rückhalt. Aber daraus eine pauschale Anlagestrategie abzuleiten, wäre zu kurz gedacht. Jedes Börsenjahr ist anders. Wer auf solche saisonalen Regeln setzt, läuft Gefahr, Chancen zu verpassen oder unnötige Risiken einzugehen.

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Wer nachhaltig investieren möchte, sollte auf ein gut strukturiertes Portfolio setzen, idealerweise auch mit Unterstützung von Expertinnen und Experten und nicht auf gereimte Börsensprüche.

„Investieren ist ein Werkzeug für alle“ –

im Gespräch mit Finfluencer Simon Schöbel 

 

Die finanzielle Zukunft in die eigene Hand nehmen – dazu möchte Simon Schöbel motivieren. Der 29-Jährige zählt zu den bekanntesten Finanz-Bloggern in Deutschland. Unter dem Namen InvestScience erreicht er über Kanäle wie Youtube, Instagram oder TikTok Millionen von Followern.

Schöbel hat sich darauf spezialisiert, Finanzthemen wie Aktien, Fonds, ETFs, Altersvorsorge oder Immobilien unterhaltsam und vor allem verständlich für junge Menschen aufzubereiten. 

Porträt von Simon Schöbel, Finfluencer
GFD - Gesellschaft für Finanzkommunikation mbH

7 Fragen an den Finfluencer 

2020 wurde der gebürtige Franke als Finfluencer aktiv und erreicht seitdem eine wachsende Community. Sein Wissen gibt Schöbel auch als Buchautor weiter („Money Mindset. Finanzieller Erfolg beginnt im Kopf"), er bietet Vorträge an und berät mit seinem Unternehmen 7reach Banken und Fintechs in ihrer Kommunikation auf Social Media. 

Bildquelle:  Simon Schöbel

Darüber hinaus setzt er sich dafür ein, dass finanzielle Themen im Schulunterricht einen größeren Stellenwert bekommen. 

Wie sein Weg zum Finfluencer verlief, mit welchen Fragen er am häufigsten konfrontiert ist und was aus seiner Sicht erfolgreiches Investieren ausmacht, darüber gibt Simon Schöbel im Exklusivgespräch Auskunft.

 

Wann und wie wurde Ihre Leidenschaft für Finanzthemen geweckt?

Meine Begeisterung für Finanzthemen wurde während meines Studiums entfacht. Damals habe ich einen Vortrag von Holger Scholze bei mir an der Hochschule gehört, der damals bei n-tv Börsenkorrespondent war und sehr praxisnah über die Welt der Aktien gesprochen hat. Eigentlich wollte ich kritisch hinterfragen, wie sinnvoll Börse für Privatanleger wirklich ist. Aber der Vortrag war so spannend, dass ich direkt danach angefangen habe, mich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen und 2015 schließlich meine ersten Aktien gekauft habe. Das war der Startpunkt. Aus Neugier wurde Interesse, aus Interesse wurde Leidenschaft - und aus dieser Leidenschaft ist später InvestScience entstanden.

 

Wie verlief, kurz skizziert, Ihr Weg vom Finanzinteressierten zum Finanzblogger?

2020, mitten im Corona-Lockdown, hatte ich wie viele andere plötzlich viel Zeit. Auf einmal war alles online, soziale Kontakte waren stark eingeschränkt - und ich habe diese Zeit genutzt, um mich noch intensiver mit Finanzthemen zu beschäftigen. Mir fiel auf: Es gibt zwar viele Inhalte da draußen, aber eine weitere rationale Stimme der Vernunft kann sicherlich nicht schaden. So entstand die Idee für InvestScience - zunächst als YouTube-Kanal. Heute erreichen meine Inhalte über vier Millionen Menschen pro Monat, über Plattformen wie TikTok, Instagram, YouTube und LinkedIn. Mein Anspruch war von Anfang an: fundiert, verständlich und faktenbasiert zu informieren – statt bloß Meinungen oder Hörensagen weiterzugeben.

 

Was sind die häufigsten Fragen oder Anliegen, mit denen Ihre Follower auf Sie zukommen?

Oft geht es um ganz konkrete Fragen wie: „Wann soll ich anfangen zu investieren?“, „Ich habe viel Geld geerbt, was soll ich jetzt machen?“ oder „Meine Rente wird mir mal nicht ausreichen, was soll ich machen?“ Aber mindestens genauso häufig geht es um emotionale Themen: Angst, Unsicherheit, das Gefühl, „zu spät dran“ zu sein. Finanzbildung ist deshalb immer auch Persönlichkeitsentwicklung.

 

Und was geben Sie Ihnen mit auf den Weg?

Dass niemand perfekt starten muss, aber dass man unbedingt JETZT starten sollte. Dass es nicht um die eine „perfekte Aktie“ geht, sondern um gute Gewohnheiten und langfristiges Denken. Und dass Unabhängigkeit nicht über Nacht kommt, aber Schritt für Schritt erreichbar ist.

 

Bemerken Sie einen Generationenunterschied, was die Einstellung zur Geldanlage betrifft?

Definitiv. Jüngere Menschen stellen heute viel selbstverständlicher Fragen wie: „Wie funktioniert ein ETF?“ oder „Wie lege ich für die Altersvorsorge an?“, während ältere Generationen oft noch stark in der Sparbuch- oder Lebensversicherungs-Logik denken. Gleichzeitig ist das Vertrauen in klassische Banken gesunken, was neue Informationsquellen umso relevanter macht.

 

Ihre drei wichtigsten Grundregeln für erfolgreiches Investieren?

  1. Früh anfangen, regelmäßig investieren – Zeit ist der wichtigste Renditefaktor. Und die Lerneffekte selbst mit kleinen Beträgen nimmt einen niemand mehr weg.
  2. Breit streuen statt spekulieren - Diversifikation schlägt Bauchgefühl. Ich selbst investiere über mehrere Anlageklassen hinweg.
  3. Nicht in der Krise aussteigen – Marktzyklen gehören dazu, wer sie aushält, wird belohnt. In der Krise trennt sich bekanntlich auch die Spreu vom Weizen. Oder wie Warren Buffett es sagt: „Erst bei Ebbe sieht man, wer ohne Badehose schwimmt.“
     

Was muss geschehen, damit in Deutschland noch mehr Menschen vom Sparbuch zum Anlagedepot wechseln?

Wir brauchen eine bessere Finanzbildung. Möglichst früh, möglichst praktisch und möglichst unabhängig. Außerdem müssen wir die gefühlte Komplexität abbauen: Dafür braucht es mehr seriöse Informationsquellen, die meines Erachtens auch langfristig unseriösere Quellen in den Hintergrund rücken lassen. Und drittens braucht es positive Vorbilder – Menschen, die zeigen: „Investieren ist nichts Elitäres – sondern ein Werkzeug für alle.“

Vielen Dank fürs Gespräch.

 

Das Interview führte Andreas Hohenadl, GFD – Gesellschaft für Finanzkommunikation 

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